Vom 15. Juli 2015
Thüringer Bildungsfreistellungsgesetz (ThürBfG)
Thüringer Bildungsfreistellungsgesetz
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1
Grundsätze
(1) Die Beschäftigten haben gegenüber ihrem Arbeitgeber
Anspruch auf bezahlte Bildungsfreistellung.
(2) Die Freistellung erfolgt für die Teilnahme an anerkann-
ten Bildungsveranstaltungen auf den Gebieten der gesell-
schaftspolitischen, arbeitsweltbezogenen oder ehrenamts-
bezogenen Bildung.
(3) Gesellschaftspolitische Bildung dient der Informati-
on über gesellschaftliche, soziale und politische Zusam-
menhänge sowie der Befähigung zu Beurteilung, Teilhabe
und Mitwirkung am gesellschaftlichen, sozialen und poli-
tischen Leben.
(4) Arbeitsweltbezogene Bildung dient der Erhaltung, Er-
neuerung, Erweiterung und Verbesserung von berufsbe-
zogenen Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten. Sie
schließt insbesondere die Vermittlung von Schlüsselqua-
lifikationen sowie Kenntnissen gesellschaftlicher und poli-
tischer Zusammenhänge in der Arbeitswelt ein.
(5) Ehrenamtsbezogene Bildung dient der Quali fizierung
für die Wahrnehmung ehrenamtlicher Tätigkeiten. Sie soll
den Beschäftigten neben der Vermittlung der erforderli-
chen Kenntnisse zur Ausübung des Ehrenamtes zugleich
in nicht unerheblichem Umfang die Kenntnis gesellschafts-
politischer Zusammenhänge vermitteln, damit sie ihren
Standort in Betrieb oder Gesellschaft erkennen. Die Be-
reiche der ehrenamtlichen Tätigkeiten, für deren Quali fi-
zierung durch ehrenamtsbezogene Bildung ein Anspruch
auf Bildungsfreistellung besteht, werden durch Rechtsver-
ordnung nach § 13 festgelegt.
§ 2
Anspruchsberechtigte
(1) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind
1. Arbeitnehmer,
2. die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten,
3. in Heimarbeit Beschäftigte und ihnen gleichgestell-
te Personen,
4. Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbst-
ständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzu-
sehen sind, und
5. Personen, die in anerkannten Werkstätten für behin-
derte Menschen oder für diese Einrichtungen in Heim-
arbeit tätig sind,
soweit ihre Arbeitsstätte in Thüringen liegt oder ihr Arbeit-
geber seinen Betriebssitz in Thüringen hat.
(2) Dieses Gesetz gilt entsprechend für Beamte im Sinne
des § 1 des Thüringer Beamtengesetzes vom 12. August
2014 (GVBl. S. 472) in der jeweils geltenden Fassung und
für Richter im Sinne des § 2 Abs. 1 des Thüringer Richter-
gesetzes vom 17. Mai 1994 (GVBl. S. 485) in der jeweils
geltenden Fassung.
(3) Dieses Gesetz gilt nicht für Rechtsverhältnisse der im
Dienste des Bundes und der bundesunmittelbaren Kör-
perschaften des öffentlichen Rechts stehenden Personen.
§ 3
Anspruch auf Bildungsfreistellung
(1) Der Anspruch auf Bildungsfreistellung beläuft sich
grundsätzlich auf fünf Arbeitstage innerhalb eines Kalen-
derjahres. Wird regelmäßig an mehr oder weniger als fünf
Tagen in der Woche gearbeitet, ist die durchschnittliche An-
zahl der Wochenarbeitstage im Kalenderjahr für die antei-
lige Berechnung des Anspruchs maßgebend. Eine nach-
trägliche Rückabwicklung bereits in Anspruch genommener
Bildungsfreistellungstage ist ausgeschlossen. Für nachge-
wiesene Tage der Arbeitsunfähigkeit während der Bildungs-
freistellung bleibt der Anspruch bestehen.
(2) Der Anspruch auf Bildungsfreistellung wird durch einen
Wechsel des Beschäftigungsverhältnisses nicht berührt.
Eine bereits erfolgte Bildungsfreistellung wird auf den An-
spruch gegenüber dem neuen Arbeitgeber angerechnet.
(3) Der Freistellungsanspruch kann einmalig aus dem Jahr
seiner Entstehung in das folgende Jahr übertragen werden.
Die Übertragung erfolgt auf Antrag des Beschäftigten nur
in dem Umfang, wie der Arbeitgeber eine im laufenden Ka-
lenderjahr beantragte Bildungsfreistellung nach § 6 Abs. 2
Satz 1 Nr. 2 bis 5 abgelehnt oder seine Zustimmung nach
§ 6 Abs. 7 Satz 1 zurückgenommen hat.
(4) Für die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten beträgt
der Anspruch auf Bildungsfreistellung abweichend von Ab-
satz 1 drei Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres. Die
Übertragung erfolgt auf Antrag abweichend von Absatz 3
Satz 2 einmalig nur in dem Umfang in das folgende Kalen-
derjahr, wie der Freistellungsanspruch im laufenden Ka-
lenderjahr nicht ausgeschöpft wurde. Die Freistellung er-
folgt nicht während der schulischen Ausbildung.
(5) Bildungsfreistellung für Beschäftigte mit Lehraufgaben
an Hochschulen und Beschäftigte an Schulen, die mit der
Unterrichtung oder Betreuung der Schüler betraut sind,
soll in der Regel während der vorlesungsfreien oder un-
terrichtsfreien Zeit erfolgen.
(6) Für Beschäftigte in einem Betrieb eines Unterneh-
mens, das weniger als fünf Beschäftigte hat, besteht kein
Anspruch auf Bildungsfreistellung. Bei der Bestimmung
der Anzahl der Beschäftigten nach Satz 1 werden die Be-
schäftigten von verbundenen Unternehmen im Sinne des
§ 15 des Aktiengesetzes vom 6. September 1965 (BGBl. I
S. 1089) in der jeweils geltenden Fassung einbezogen. Teil-
zeitbeschäftigte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Ar-
beitszeit von nicht mehr als 20 Stunden werden mit dem
Faktor 0,5 und Teilzeitbeschäftigte mit einer regelmäßi-
gen wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 20, aber weniger als 30 Stunden mit dem Faktor 0,75 auf die Anzahl
der Beschäftigten angerechnet. Die zu ihrer Berufsausbil-
dung Beschäftigten werden bei der Bestimmung der An-
zahl der Beschäftigten nicht berücksichtigt.
§ 4
Wartezeit
Ein Anspruch auf Bildungsfreistellung wird nach sechsmo-
natigem Bestehen des Beschäftigungsverhältnisses erwor-
ben. Schließt sich ein Beschäftigungsverhältnis unmittelbar
an ein Beschäftigungsverhältnis oder ein Ausbildungsver-
hältnis bei demselben Arbeitgeber an, ist für das Entste-
hen des Anspruchs der Beginn des vorhergehenden Be-
schäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses maßgebend.
§ 5
Verhältnis zu anderen Regelungen
(1) Der nach diesem Gesetz bestehende Anspruch auf
Bildungsfreistellung ist ein Mindestanspruch. Andere
Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, tarifvertragliche Re-
gelungen, betriebliche Vereinbarungen sowie sonstige ver-
tragliche und betriebliche Regelungen, die einen Anspruch
auf Freistellungen für Zwecke der Weiterbildung begrün-
den, bleiben unberührt.
(2) Bezahlte Freistellungen, die aufgrund der in Absatz 1
Satz 2 genannten Regelungen gewährt werden, werden
auf den Anspruch nach diesem Gesetz angerechnet, so-
weit sie für die Teilnahme an Bildungsveranstaltungen im
Sinne des § 1 Abs. 2 erfolgt sind. Dies gilt auch für sol-
che Bildungsveranstaltungen, die der Arbeitgeber orga-
nisiert und an denen der Beschäftigte auf Vorschlag des
Arbeitgebers teilnimmt, sofern dieser zuvor auf die Anrech-
nungsmöglichkeit hingewiesen hat. Auf den Freistellungs-
anspruch wird jedoch die Teilnahme an Veranstaltungen
nicht angerechnet, wenn sie der Einarbeitung auf bestimm-
te betriebliche Arbeitsplätze oder überwiegend betriebsin-
ternen Erfordernissen dienen. Im Übrigen erfolgt eine An-
rechnung der Teilnahme an Veranstaltungen, bei denen
die Teilnahme in Form einer Betriebs- oder Dienstverein-
barung zwischen dem Arbeitgeber und dem zuständigen
Betriebs- oder Personalrat als anrechenbar erklärt wurde.
§ 6
Verfahren der Bildungsfreistellung
(1) Der Anspruch auf Bildungsfreistellung ist gegenüber
dem Arbeitgeber spätestens acht Wochen vor Beginn der
Bildungsveranstaltung schriftlich geltend zu machen. Die
Bescheinigung nach § 8 Abs. 3 ist beizufügen.
(2) Der Arbeitgeber kann die Bildungsfreistellung zu dem
vom Beschäftigten mitgeteilten Zeitpunkt nur ablehnen,
wenn
1. die Frist nach Absatz 1 Satz 1 versäumt wurde,
2. dringende betriebliche Belange im Sinne des § 7 des
Bundesurlaubsgesetzes vom 8. Januar 1963 (BGBl. I
S. 2) in der jeweils geltenden Fassung oder genehmigte
Urlaubsanträge anderer Beschäftigter entgegenstehen,
3. in Betrieben von Unternehmen mit bis zu fünfundzwan-
zig Beschäftigten bereits fünf Arbeitstage für Bildungs-
freistellung in Anspruch genommen worden sind oder
wenn der Arbeitgeber deren Inanspruchnahme nach
Absatz 4 zugestimmt hat,
4. in Betrieben von Unternehmen mit mehr als fünfund-
zwanzig und bis zu fünfzig Beschäftigten die Gesamt-
zahl der Arbeitstage, die im laufenden Kalenderjahr für
Bildungsfreistellungen in Anspruch genommen worden
sind oder für die der Arbeitgeber der Inanspruchnahme
nach Absatz 4 zugestimmt hat, die Hälfte der Zahl der
am 1. Januar des Jahres Beschäftigten erreicht hat oder
5. in Betrieben von Unternehmen mit mehr als fünfzig
Beschäftigten die Gesamtzahl der Arbeitstage, die im
laufenden Kalenderjahr für Bildungsfreistellungen in
Anspruch genommen worden sind oder für die der Ar-
beitgeber der Inanspruchnahme der Arbeitgeber nach
Absatz 4 zugestimmt hat, die Zahl der am 1. Januar
des Jahres Beschäftigten erreicht hat.
Für die Bestimmung der Anzahl der Beschäftigten nach
Satz 1 Nr. 3 bis 5 gilt § 3 Abs. 6 Satz 2 bis 4 entsprechend.
(3) Entgegenstehende dringende betriebliche Belan-
ge nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 sind auch gegeben, wenn
der Betrieb sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befin-
det; wirtschaftliche Schwierigkeiten liegen insbesonde-
re vor, wenn
1. über das Unternehmen ein Insolvenzverfahren bean-
tragt oder eröffnet wurde oder das Unternehmen in
das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeich-
nis (§ 26 Abs. 2 der Insolvenzordnung, § 882b der Zi-
vilprozessordnung) eingetragen ist oder
2. das Unternehmen aufgrund einer Verwaltungsentschei-
dung mittelbar oder unmittelbar Mittel aus öffentlichen
Haushalten erhält, die zur Stützung von Unternehmen
in wirtschaftlichen Schwierigkeiten vorgesehen sind.
(4) Der Arbeitgeber teilt dem Beschäftigten seine Entschei-
dung spätestens vier Wochen nach Antragstellung schrift-
lich mit. Im Fall einer Ablehnung sind die geltend gemach-
ten Gründe schriftlich zu erläutern. Teilt der Arbeitgeber
innerhalb der in Satz 1 genannten Frist keine Entschei-
dung mit oder erfolgt eine Ablehnung nicht schriftlich oder
ohne Erläuterung, so gilt die Zustimmung zur Bildungsfrei-
stellung als erteilt.
(5) Nach Beendigung der Bildungsveranstaltung hat der
Beschäftigte dem Arbeitgeber die ordnungsgemäße Teil-
nahme nachzuweisen. Der Träger der Bildungsveranstal-
tung hat dem Beschäftigten die für den Nachweis erforder-
lichen Bescheinigungen kostenlos zu erteilen.
(6) Der Arbeitgeber hat bei Beendigung des Beschäfti-
gungsverhältnisses dem Beschäftigten auf dessen Verlan-
gen schriftlich zu bescheinigen, ob und in welchem Umfang
der Beschäftigte im laufenden Kalenderjahr nach diesem
Gesetz freigestellt wurde. Anrechnungen nach § 5 Abs. 2
sind in die Bescheinigung aufzunehmen.
(7) Der Arbeitgeber kann seine Zustimmung zu einer Bil-
dungsfreistellung zurücknehmen, wenn nicht vorhersehba-
re betriebliche Belange, wie Krankheit anderer Beschäftig-
ter, eingetreten sind, die den Arbeitgeber zum Zeitpunkt der
Zustimmung zu einer Ablehnung des Antrags auf Bildungs-
freistellung berechtigt hätten. In diesem Fall hat der Arbeit-geber dem Beschäftigten den Schaden zu ersetzen, den
der Beschäftigte dadurch erleidet, dass er auf die bereits er-
teilte Zustimmung zu der Bildungsfreistellung vertraut hat.
§ 7
Fortzahlung des Arbeitsentgelts und Verbot
von Erwerbstätigkeit
(1) Während der Bildungsfreistellung wird das Arbeitsent-
gelt entsprechend den einzel- oder tarifvertraglichen so-
wie gesetzlichen Regelungen für den Erholungsurlaub
fortgezahlt.
(2) Während der Bildungsfreistellung darf keine Erwerbs-
tätigkeit ausgeübt werden.
(3) Hat ein Beschäftigter nach erfüllter Wartezeit die ge-
samte ihm im laufenden Kalenderjahr zustehende Freistel-
lung beansprucht und endet das Beschäftigungsverhältnis
vor Ablauf dieses Kalenderjahres, kann eine Rückzahlung
des während der Bildungsfreistellung gezahlten Arbeitsent-
gelts nicht verlangt werden.
(4) Beschäftigte müssen sich auf ihren Anspruch auf Ar-
beitsentgelt anrechnen lassen, was sie als Entgeltersatz
wegen der Teilnahme an Bildungsveranstaltungen von an-
derer Seite aufgrund anderer Bestimmungen erhalten oder
erhalten können.
§ 8
Bildungsveranstaltungen
(1) Bildungsveranstaltungen im Sinne dieses Gesetzes
müssen
1. in Einklang stehen mit der freiheitlich-demokratischen
Grundordnung,
2. sich inhaltlich auf die Themenbereiche des § 1 Abs. 2
beziehen,
3. von Trägern durchgeführt werden, die ihren Sitz in ei-
nem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in ei-
nem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den
Europäischen Wirtschaftsraum haben,
4. als Veranstaltungen in Blockform von mindestens
zwei Tagen Dauer durchgeführt werden, wobei ein
Tag durchschnittlich mindestens sechs Unterrichts-
stunden von jeweils mindestens 45 Minuten umfas-
sen muss, und
5. Anspruchsberechtigten im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2
offen zugänglich sein; die offene Zugänglichkeit setzt
eine öffentliche Bekanntgabe der Veranstaltung voraus;
die Teilnahme an den Veranstaltungen darf nicht von
der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft, Par-
tei, Gewerkschaft, sonstigen Vereinigung oder Instituti-
on sowie einem bestehenden besonderen Dienst- oder
Arbeitsverhältnis abhängig gemacht werden und muss
freiwillig erfolgen können; sie darf von nachzuweisen-
den fachlichen Vorkenntnissen oder bestimmten be-
ruflichen Einsatzbereichen abhängig gemacht werden.
(2) Keine Bildungsveranstaltungen im Sinne dieses Ge-
setzes sind Veranstaltungen, die
1. der Erholung, der Unterhaltung, der privaten Haus-
haltsführung, der Körper- und Gesundheitspflege, der
sportlichen, künstlerischen oder kunsthandwerklichen
Betätigung oder der Vermittlung entsprechender Kennt-
nisse und Fertigkeiten dienen,
2. ausschließlich das Einüben psychologischer oder ähn-
licher Fertigkeiten zur privaten Lebensbewältigung zum
Gegenstand haben,
3. auf den Erwerb von Fahrerlaubnissen oder ähnlicher
Berechtigungen vorbereiten oder
4. Studienreisen sind, die keine Veranstaltung nach § 1
Abs. 2 sind und keine Unterrichtseinheiten in dem in
Absatz 1 Nr. 4 geregelten Umfang enthalten.
(3) Der Träger der Bildungsveranstaltung hat dem Be-
schäftigten das Vorliegen der Anerkennung der geplan-
ten Bildungsveranstaltung nach § 10 Abs. 1 kostenlos zu
bescheinigen.
§ 9
Anerkennung von Bildungsveranstaltungen
Die Anerkennung als Bildungsveranstaltung nach diesem
Gesetz setzt voraus, dass
1. die Bildungsveranstaltung den Voraussetzungen des
§ 8 Abs. 1 und 2 entspricht,
2. sie in der organisatorischen und fachlich-pädagogi-
schen Durchführung der Einrichtung liegen, die die An-
erkennung beantragt, und
3. die Ausstattung, Lehrkräfte, Bildungsziele und Quali-
tät der Bildungsarbeit des Trägers geeignet sind, eine
sachgemäße Weiterbildung zu gewährleisten.
§ 10
Anerkennungsverfahren, Anwendbarkeit des Verfahrens
über eine einheitliche Stelle
(1) Bildungsveranstaltungen, die die Voraussetzungen des
§ 9 erfüllen, werden auf Antrag anerkannt. Die Anerken-
nung der Bildungsveranstaltungen gilt unbefristet.
(2) Der Antrag auf Anerkennung von Bildungsveranstaltun-
gen kann jederzeit gestellt werden. Erfolgt die Antragstel-
lung nach dem 30. September eines Jahres, hat der An-
tragsteller keinen Anspruch auf die Aufnahme in die nach
Absatz 8 zu veröffentlichende Liste anerkannter Bildungs-
veranstaltungen für das folgende Jahr. Die weiteren Wir-
kungen der Anerkennung bleiben unberührt.
(3) Die für die Anerkennung erforderlichen Nachweise, ins-
besondere ein ausführliches Programm der Bildungsver-
anstaltung, aus dem sich die Zielgruppe, Lernziele und
Lerninhalte sowie der zeitliche Ablauf der Veranstaltung
ergeben, sind dem Antrag beizufügen. Bei Veranstaltun-
gen der ehrenamtsbezogenen Bildung müssen auch die
nach § 1 Abs. 5 Satz 2 zu vermittelnden Kenntnisse ge-
sellschaftspolitischer Zusammenhänge konkret aus dem
Veranstaltungsprogramm hervorgehen.
(4) Die Anerkennung einer Bildungsveranstaltung kann mit
der Auflage erteilt werden, dass der Träger der für die An-
erkennung zuständigen Behörde unverzüglich nach Been-
digung der Bildungsveranstaltung einen schriftlichen Be-
richt über Inhalt und Verlauf vorlegt, wenn Anhaltspunkte
bestehen, dass die Bildungsveranstaltung abweichend von dem anerkannten Programm durchgeführt wird. Sofern
nach Beendigung der Bildungsveranstaltung Umstände
bekannt werden, die auf ein Abweichen der durchgeführ-
ten von der anerkannten Bildungsveranstaltung schlie-
ßen lassen, ist der Träger auf Verlangen der für die Aner-
kennung zuständigen Behörde verp flichtet, unverzüglich
einen Bericht über Inhalt und Verlauf der Bildungsveran-
staltung vorzulegen.
(5) Über die Anträge auf Anerkennung von Bildungsveran-
staltungen entscheidet die für die Anerkennung zuständige
Behörde nach Anhörung eines paritätisch besetzten Bei-
rats. Der Beirat setzt sich zusammen aus Vertretern der
Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und der Bildungsträger. Das
Anerkennungsverfahren kann über eine einheitliche Stel-
le im Sinne des Thüringer ES-Errichtungsgesetzes vom
8. Juli 2009 (GVBI. S. 592) in der jeweils geltenden Fas-
sung abgewickelt werden. Es gelten die Bestimmungen
nach den §§ 71a und 71e des Thüringer Verwaltungsver-
fahrensgesetzes in der Fassung vom 1. Dezember 2014
(GVBI. S.685) in der jeweils geltenden Fassung.
(6) Wird innerhalb einer Frist von sechs Monaten nicht über
den Antrag auf Anerkennung entschieden, gilt die Bildungs-
veranstaltung als anerkannt.
(7) Die Anerkennung der Bildungsveranstaltungen kann wi-
derrufen werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund de-
rer die für die Anerkennung zuständige Behörde berech-
tigt wäre, die Bildungsveranstaltung nicht anzuerkennen.
(8) Die für die Anerkennung zuständige Behörde veröffent-
licht in geeigneter Weise eine Liste der anerkannten Bil-
dungsveranstaltungen.
§ 11
Unabdingbarkeit, Abgeltungsverbot
und Benachteiligungsverbot
(1) Von den Bestimmungen dieses Gesetzes darf nur zu-
gunsten des Beschäftigten abgewichen werden.
(2) Der Anspruch auf Bildungsfreistellung kann nicht ab-
gegolten werden. Anders lautende Vereinbarungen sind
unwirksam.
(3) Niemand darf wegen der Inanspruchnahme von Rech-
ten nach diesem Gesetz benachteiligt werden.
§ 12
Evaluation und Berichtspflicht
(1) Das für die Erwachsenenbildung zuständige Ministeri-
um überprüft die Auswirkungen dieses Gesetzes erstmals
drei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes und unter-
richtet den Landtag ein halbes Jahr nach Abschluss der
Überprüfung über deren Ergebnis.
(2) Die Träger anerkannter Bildungsveranstaltungen sind
verpflichtet, der anerkennenden Behörde Auskunft über
Gegenstand, Verlauf und Teilnehmer der Bildungsveran-
staltung in nicht personenbezogener Form zu erteilen. Zu
der Auskunft gehören auch Angaben über Anzahl, Ge-
schlecht, Alter, das Vorliegen einer anerkannten Behinde-
rung, Vorbildung, Beruf, Anstellungsverhältnis und Staats-
angehörigkeit der Teilnehmer sowie über die Betriebsgröße
des Arbeitgebers.
§ 13
Rechtsverordnungen
Das für Erwachsenenbildung zuständige Ministerium wird
ermächtigt, durch Rechtsverordnung Näheres
1. zu den ehrenamtlichen Tätigkeiten, bei denen die Teil-
nahme an Veranstaltungen auf dem Gebiet der ehren-
amtsbezogenen Bildung einen Anspruch auf Bildungs-
freistellung begründet,
2. zu Veranstaltungen, die überwiegend betriebsinternen
Erfordernissen dienen,
3. über das Anerkennungsverfahren nach § 10, insbe-
sondere über
a) die Nachweise zur Eignung des Trägers und der
Bildungsveranstaltungen,
b) die Berichtspflicht nach § 10 Abs. 4,
c) die Zuständigkeit der für die Anerkennung zustän-
digen Behörde,
d) die Zusammensetzung und Aufgaben des Beira-
tes zur Anerkennung von Bildungsveranstaltungen
nach § 10 Abs. 5 und
e) die Liste anerkannter Bildungsveranstaltungen
nach § 10 Abs. 8,
4. über das Verfahren der Auskunftserteilung nach § 12
Abs. 2, insbesondere über die Form und Frist zu regeln.
§ 14
Gebühren
Für die Anerkennung nach § 10 werden von den antrag-
stellenden Trägern Gebühren erhoben.
§ 15
Gleichstellungsbestimmung
Status- und Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz
gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.
§ 16
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2016 in Kraft.
Erfurt, den 15. Juli 2015
Der Präsident des Landtags
Carius
Erste Änderung des Beschlusses der Thüringer Landesregierung
über die Zuständigkeit der einzelnen Ministerien
nach Artikel 76 Abs. 2 Satz 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen
Vom 7. Juli 2015
Nummer 3 des Beschlusses der Thüringer Landesre-
gierung über die Zuständigkeit der einzelnen Ministeri-
en nach Artikel 76 Abs. 2 Satz 1 der Verfassung des Frei-
staats Thüringen vom 31. März 2015 (GVBl. S. 10) wird
wie folgt geändert:
1. Der Geschäftsbereich der Thüringer Staatskanzlei wird
wie folgt geändert:
a) In Nummer 60 wird der Punkt am Ende durch ein
Komma ersetzt.
b) Nach Nummer 60 wird folgende Nummer 61 ein-
gefügt:
“61. Aufgaben des zentralen Ansprechpartners für
Antidiskriminierung und Verhinderung von Dis-
kriminierung, soweit nicht Beauftragte anderer
Ressorts zuständig sind, Koordinierung der An-
tidiskriminierungsarbeit von staatlichen und
nichtstaatlichen Stellen.”
2. Der Geschäftsbereich des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie wird wie folgt geändert:
a) In Nummer 84 wird der Punkt am Ende durch ein Komma ersetzt.
b) Nach Nummer 84 wird folgende Nummer 85 eingefügt: “85. Generationengerechtigkeit.”
c) Der Abschnitt “Der Beauftragte für das Zusammenleben der Generationen beim Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familieist zuständig für:” wird aufgehoben.
Der Beschluss tritt mit Wirkung vom 16. Juni 2015 in Kraft.
Erfurt, den 7. Juli 2015
Der Ministerpräsident
Bodo Ramelow
